Brennende Stahlwolle – Wie du das Lightpainting gekonnt umsetzt
In diesem Artikel erfährst du, wie du brennende Stahlwolle verwendest, um ein beeindruckendes Lightpainting zu erschaffen, ohne dir dabei die Finger zu verbrennen!
Ich bin immer auf der Suche nach neuen Fotoideen und Fotoeffekten, die ich ausprobieren kann. So auch die Bokeh Schablone oder die „Night Splashes“. Da hat es auch nicht lange gedauert, bis ich auf den Klassiker schlechthin der kreativen Fotografie gekommen bin – brennende Stahlwolle!
Beim „Lightpainting“ werden wir mit dem Licht brennender Stahlwolle feurige Funken in die dunkle Nacht malen.
Nur schon mal vorab: Sei verdammt nochmal vorsichtig dabei! Ich empfehle dir, bei der Umsetzung mindestens zu zweit, besser zu dritt oder viert zu sein. Außerdem solltet ihr, den Fotoeffekt nicht im trockensten Sommer auszuprobieren – falls du in Kalifornien oder Portugal lebst, solltest du generell Abstand von Feuer nehmen. 😉
Deshalb eignet sich zum Fotografieren am besten ein regnerischer Tag.
Dieser Artikel ist Teil meiner Sammlung kreativer Fotoideen. Schau mal rein und lass dich inspirieren!
Inhaltsverzeichnis
1. Was wird benötigt, um brennende Stahlwolle zu fotografieren?
- Stahlwolle*: Stahlwolle mit dem Stärkegrad zwischen 0 – 000 funktioniert sehr gut. Je feiner, desto schneller brennt die Stahlwolle ab.
- Schneebesen*: Ihr solltet einen alten, billigen Schneebesen verwenden – er wird nach dem Gebrauch nicht besonders gut aussehen. Was wichtig ist: Der Schneebesen braucht am Griffende eine Öse, durch die du später die Schnur ziehen musst. Außerdem sollte er komplett aus Edelstahl bestehen, da Plastikteile die ganze Aktion etwas unangenehm für die Nase werden lassen.
- Stahlseil: Hier könnt ihr jede festere Schnur verwenden, die nicht brennbar ist und auf Spannung nicht sofort reist.
- Feuerzeug oder 9 Volt – Batterie*: Mit einer 9 Volt – Batterie kannst du die Stahlwolle in Sekunden zum Glühen bringen. Einfach mit den Kontakten gegen die Stahlwolle „tupfen“ und es geht los! Aber Achtung: Beides unbedingt getrennt voneinander transportieren. Natürlich kannst du auch ein Feuerzeug oder einen Bunsenbrenner verwenden.
- Stativ: Da der Fotoeffekt in der Nacht besonders gut aussieht, brauchen wir natürlich ein Stativ für längere Belichtungszeiten. Um näher an den Boden zu kommen, bietet sich auch ein GorillaPod oder ein Bohnensack an.
- Fernauslöser*: Damit das Bild durchs Auslösen nicht verwackelt, benötigt ihr einen Fernauslöser. Die günstigste Variante ist wohl dieser*. Er funktioniert aber nur, wenn du vor der Kamera stehst und nicht dahinter aufgrund des Infrarotlichts des Fernauslösers. Man kann auch mit dem Selbstauslöser, der in der Kamera eingebaut ist, arbeiten, allerdings muss dann das Timing perfekt stimmen.
- Feuerlöscher: Da wir hier mit Funken und Feuer arbeiten, ist es am Sichersten, wenn du einen Feuerlöscher zum Shooting mitbringst.
- Stirnlampe*: In der Nacht brauchst du auf jeden Fall eine Taschenlampe. Mit einer Stirnlampe hast du zusätzlich beide Hände frei, um die Kamera zu bedienen – optimal!
- alte Kleidung: Du kannst nie ausschließen, dass dir ein Funke deine Kleidung verschmort. Zieh dir also am besten alte Arbeitskleidung an!
- Schutzbrille*: Wenn du die Stahlwolle schleuderst, fliegen die Funken unkontrolliert durch die Luft. Schutze deine Augen mit einer Sicherheitsbrille!
- (optional) Weitwinkelobjektiv*: Mir gefallen Aufnahmen mit einem Weitwinkelobjektiv am besten, da sie die BIlder dynamischer wirken lassen. Weiter unten siehst du mehrere Aufnahmen mit Weitwinkel und mit längeren Brennweiten zum Vergleich.
- (optional) UV-Filter*: Zur Sicherheit wollte ich nur Objektive mit UV-Filter verwenden. Aufgrund des Weitwinkelobjektives musst du sehr nah ran ans Geschehen. Wie du auf den Fotos im Artikel sehen kannst, fliegen die Funken teilweise bis zur Kamera. Um Brandflecken auf der Vorderlinse zu vermeiden, kannst du mit einem UV-Filter auf Nummer sicher gehen.
- (optional) Tuch oder Lappen: Ich habe oben auf die Kamera ein leicht angefeuchtetes Tuch gelegt, um auch den Kamerabody vor Funken zu schützen.
2. Jetzt geht’s ans Fotografieren: Stahlwolle anzünden
Wie wollen wir die brennende Stahlwolle nun auf unseren Speicherchip bannen?
Fotoszene und Kameraeinstellungen
Als Fotolocation musst du dir einen Ort aussuchen, an dem nichts Brennbares vorhanden ist. Aber fotografiere die brennende Stahlwolle nicht nur auf einer langweiligen Wiese! Such dir eine Örtlichkeit, die durch den Feuerschein angeleuchtet, spannende Details preisgibt.
Du musst dich entscheiden, wie viel du von deiner Umgebung zusätzlich einfangen willst. Wenn es dir hauptsächlich um die brennende Stahlwolle geht, kannst du die Blende etwas schließen und ISO 100 wählen. Wenn du mehr von der Umgebung einfangen willst, Öffne die Blende etwas und setze den ISO auf 200-400. Schau dir für die Kamereinstellungen die Beschreibung unterhalb der Bilder an.
Als Belichtungszeit solltest du ca. 5-8 Sekunden wählen. Die Stahlwolle brennt in etwa 5 Sekunden. Wenn du die Umgebung noch etwas aufhellen willst, sind 8 Sekunden optimal.
Wichtig ist, dass du die Einstellungen nicht so wählst, dass das Bild schon im Dunkeln optimal belichtet wäre. Wenn du die brennende Stahlwolle dann entzündest, wird dein Bild stark überbelichtet! Wähle die Einstellungen so, dass es in der Dunkelheit etwa 2-3 Blendenstufen unterbelichtet ist.
Aufbau der Kamera und Fokussierung
Damit der Eindruck entsteht, man würde sich direkt im Feuersturm befinden, verwendet man am besten ein Weitwinkelobjektiv und geht etwa 3-4 Meter ans Geschehen heran. Damit der Kamera nichts passiert verwenden wir einen passenden UV-Filter und legen ein leicht angefeuchtetes Tuch oben auf die Kamera.
Am dynamischsten wirkt das Bild, wenn sich die Kamera nah am Boden befindet. So befindet man sich auf einer Ebene mit den springenden Feuerfunken! Stell deshalb dein Stativ sehr niedrig ein. Wenn du dein Stativ nicht so nah am Boden einstellen kannst, verwende einen GorillaPod oder einen Bohnensack*. Bei vielen Stativen lässt sich auch die Mittelsäule verkehrt herum einsetzen. Die Kamera hängt dann zwar kopfüber am Stativ, aber dafür kommt man sehr nahe an den Boden heran.
Am schönsten werden die Fotos in der blauen Stunde oder in der Nacht. Aufgrund der Dunkelheit wird das Fokussieren schwer. Wenn du zu zweit unterwegs bist, kann eine Person die Stelle anleuchten, auf der später die brennende Stahlwolle gezündet wird. Jetzt kannst du leichter Fokussieren. Mach ein Testbild, um zu überprüfen, ob dein Bild tatsächlich scharf ist, denn nichts ist ärgerlicher, als nach Hause zu kommen und festzustellen, dass die mühsam aufgenommenen Fotos unscharf geworden sind.
Jetzt wird es Zeit, den Feuerteufel los zulassen!
Tupfe mit der Batterie gegen die Stahlwolle oder verwende ein Feuerzeug. Wenn die Stahlwolle das Brennen anfängt, könnt ihr auf den Auslöser drücken. Je nachdem wie viel Stahlwolle du verwendest, dauert das Schauspiel nur 5-8 Sekunden.
Die Aufnahme ist im Kasten!
Probier verschiedene Blickwinkel aus und starte das Lightpainting an unterschiedlichen Orten. 😉
3. Bildbearbeitung der brennenden Stahlwolle
Bei der Bildbearbeitung kannst du nach Belieben vorgehen.
Zuerst helle ich die Tiefen auf, damit man mehr von der Umgebung sieht. Es soll sich ja gelohnt haben, das Spektakel an einer verlassenen Burg zu veranstalten. 😉
Den Weißabgleich hab ich vom folgenden Bild leicht ins Bläuliche gezogen. Zur Verstärkung der Farben habe ich meine Vorgabe „Blaugelb“ angewandt. Die Vorgabe verstärkt die Gelb- und Blautöne. Am Ende wende ich noch eine leichte Vignette hinzu und erhöhe mit einer Gradationskurve die Kontraste, um den Blick stärker auf die Funken zu lenken. Mit den Möglichkeiten zu lokalen Anpassungen, die Lightroom und Photoshop bieten (Luminanz- und Farbmasken), kannst du die Funken auch ganz einfach losgelöst vom Rest des Bildes bearbeiten. So kannst du sie zum Beispiel heller und dunkler machen oder ihnen eine ganz andere Farbe verleihen.
Je nach Geschmack kannst du die verwischte Person im Feuerzirkel in Photoshop entfernen, damit die Mitte des Kreises ganz schwarz ist. Ich lass den „Geist“ aber im Bild, weil er mir ganz gut gefällt.
Du kannst eine interessante Umgebung und das Lightpainting auch in einem Foto vereinen, indem du eine Mehrfachbelichtung machst.
Du machst also erst ein Foto mit den passenden Belichtungseinstellungen, um die brennende Stahlwolle perfekt einzufangen. Anschließend machst du ein zweites Foto, das du viel länger belichtest, um die Umgebung zum Vorschein zu bringen. (Bei der zweiten Aufnahme wedelst du dann natürlich nicht mit Stahlwolle herum.) Da die Kamera dabei auf einem Stativ steht, bekommst du bei beiden Aufnahmen genau den gleichen Bildausschnitt.
In Lightroom bearbeitest du dann das Foto mit der brennenden Stahlwolle so, dass diese perfekt zur Geltung kommt. Wie die Umgebung auf diesem Bild aussieht ist egal. Das Foto ohne Stahlwolle bearbeitest du so, dass dir die Umgebung gut gefällt.
Anschließend öffnest du die beiden Bilder als Ebenen in Photoshop. Dort erstellst du eine Maske für die Ebene, die nur die Umgebung zeigt. Eine Ebenenmaske ist nach dem Erstellen immer ganz weiß. Alles, was in einer Maske weiß ist, wird nicht von der Maske beeinflusst und bleibt sichtbar. Mit einem schwarzen Pinsel malst du nun genau dort in die Maske, wo auf der anderen Ebene die brennende Stahlwolle zu sehen ist. Durch die Ebene hast du ein Loch in das Bild mit der Umgebung „geschnitten“ und das darunter liegende Lightpainting sichtbar gemacht.
Hier siehst du die drei Bilder, die in Photoshop übereinander gelagert wurden.
4. Meine Erfahrungen mit brennender Stahlwolle
- Mach das Lightpainting nicht alleine, da du Aufbauen, Vorbereiten, Auslösen und gleichzeitig Schleudern musst und das alles bei Dunkelheit. Ein weiterer Vorteil von mehreren Fotografen: Ihr könnt zwei Kameras aufbauen und unterschiedliche Einstellungen wählen
- Die richtige Fokussierung ist besonders wichtig, da jedes Foto Vorbereitung benötigt und du genügend Stahlwolle brauchst. Beim Foto unterhalb hab ich mich richtig geärgert. Auf dem Kameradisplay sah es noch scharf aus, am Computer leider nicht mehr …
- Stell die Kamera so auf, dass sich die drehende Person hinter den Funken befindet. So sieht man sehr wenig von der Person und die Funken stehen im Mittelpunkt. Unten im Bild siehst du, wie es nicht aussehen soll.
- Du kannst dich auch beim Schleudern mit der Stahlwolle bewegen, dann wird das Bild aber schnell chaotisch und unruhig. Schau unten zu den Bildern, ob es dir gefällt.
- Abwandlungen:
- Wenn du dich traust, kannst du die Stahlwolle auch über deinem Kopf wie ein Lasso schwingen. Nach der Langzeitbelichtung siehst du auf deinen Bildern einen Feuerring, der dich umgibt.
- Wenn du dich während dem andauernden Schwingen einmal um deine Achse drehst, entsteht eine dreidimensionale Feuerkugel, von der aus die Funken fliegen.
- Mit einem Gebläse oder einem Föhn könntest du auch versuchen, die Funken nur in eine ganz bestimmte Richtung fliegen zu lassen. Nicht immer passt ein Feuerkreis gut zum Motiv.
- In diesem Video seht ihr, wie gut das Anzünden mit einer 9 Volt – Batterie funktioniert und wie ihr euch die brennende Stahlwolle in Aktion vorstellen könnt.
- Nochmal zum Ende: Probiert die Fotoidee am besten an einem Regentag aus! So kann sich kein Funke in trockenem Laub verirren und das Glühen der Stahlwolle kommt durch nassen Boden erst richtig gut raus.
Fazit
Als ich das Lightpainting das erste mal gesehen habe, war ich Feuer und Flamme die Fotoidee selbst umzusetzen. Mit meinem guten Freund Alexander haben wir das kleine Projekt endlich zusammen umgesetzt und es hat richtig Spaß gemacht! Besucht doch mal seinen Instagram – Account.
Also ruf den Fotofreund deines Vertrauens an und zieht los in den nächsten Baumarkt. Kauft euch für 5 Euro ein bisschen Stahlwolle – alle anderen Gegenstände, die ihr für das Lightpainting braucht, habt ihr wahrscheinlich schon zuhause.
Teile den Artikel mit deinen Fotofreunden und sag ihnen, dass du das Projekt mit ihnen starten möchtest! Jeder hat die Lightpaintings brennender Stahlwolle schon bestaunt, die wenigsten haben es aber selbst umgesetzt.
Viel Spaß beim Nachmachen!
Beste Grüße, Eike.
4 Comments
Moin! Anstatt eines Schneebesen, nutze ich eine sogenannte Futterkugel für Kleinnager. Gibt es im Zoogeschäft für wenige Euro. 😉
Vorteil, das Material der Kugel ist stabiler und dicker. Was ein Durchbrennen erheblich erschwert. So eine Futterkugel nutze ich viele Male, oft
auch mehrere Jahre. Schneebesen hingegen habe ich schon einige verbraucht. 😉
Warum „muss“ die Schnur feuerfest sein? Sie kommt mit dem brennenden Stahl eher nicht in Berührung… Meine Erfahrung ist aus hier eine
Andere. Kräftige Schnur aus dem Baumarkt reicht. 2-4mm und es wird eh doppelt genommen. 😀 Sogenannte Fallschirmschnüre haben die richtige Stärke.
Aber sehe meinen Kommentar bitte nicht als negative Kritik, es ist nur (m)ein Erfahrungsbericht.
Hallo Jörg,
vielen Dank für dein ausführliches Kommentar! Für konstruktive Kritik bin ich doch immer offen. 😀
Das mit der Futterkugel klingt einleuchtend. Ich kann mir vorstellen, dass das gut funktioniert.
Mit einer feuerfesten Schnur wollte ich sicherstellen, dass die brennende Kugel nicht irgendwann durch die Luft fliegt. Aber die Wahrscheinlichkeit ist natürlich sehr gering, dass sie in Flammen aufgeht.
Wenn man die Schnüre aber an der Futterkugel direkt anbindet, bräuchte man aber schon eine feuerfeste Schnur, da das Feuer ja sehr nahe kommt- oder irre ich mich da?
Liebe Grüße
Eike
Hallo, Gestern abend sind wir voller erwartung los gezogen um auch endlich mal so ein paar Stahlwolle fotos zu machen. Als wir dann am ort des Geschehens angekommen waren gab es dann das Problem das sich die Stahlwolle nicht entzünden lies. wir sind dann unverichteter Dinge wieder nach hause gefahren und wissen leider nicht warum es nicht gebrannt hat. Auf der verpackung der Stahlwolle stand extra Fein, denke nicht das es an der feinheit der Wolle gelegen hat. aber warum brennt sie nicht. Sobald wir das Feuerzeug weg genommen haben, ging die Wolle wieder aus. Wäre cool wenn mir da jemand weiter helfen könnte. vielen Dank.
Hallo, es gibt der Stahlwolle unterschiedliche Qualitäten (eigentlich dient die ja zum Schleifen bei Lackierarbeiten).
Umso feiner umso besser & schneller brennt diese.
https://de.wikipedia.org/wiki/Stahlwolle
PS: Wasser zum Löschen nicht vergessen!