Wie du Zeitraffer vom Sternenhimmel erstellst und professionell nachbearbeitest
In diesem Artikel möchte ich dir zeigen, wie du absolut unkompliziert einen Zeitraffer vom Sternenhimmel (engl. timelapse) erstellst und diesen professionell nachbearbeitest. Wir werden zwei Foto-Themen miteinander verbinden: Das Erstellen eines Zeitraffers und die Sternenfotografie.
Wenn du es richtig machst, kannst du zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Du produzierst einen spektakulären Zeitraffer und kannst die Bilder daraus auch für ein „Startrail“-Bild verwenden. Da man ein Startrail-Bild aber ganz anders nachbearbeiten muss, werde ich dir das in einen anderen Artikel zeigen.
Dieser Artikel ist Teil meiner Sammlung kreativer Fotoideen. Schau mal rein und lass dich inspirieren!
Inhaltsverzeichnis
I. Welche Ausrüstung benötigst du, um einen Zeitraffer zu erstellen?
Eine Kamera und ein Stativ ist selbstverständlich. Neuere, rauscharme Kamerasensoren werden dir dabei helfen, auch bei hohem ISO, wenig Details zu verlieren.
Was du zusätzlich noch brauchst:
- Lichtstarkes Weitwinkel-Objektiv: Wir wollen die Sterne mit ins Bild bekommen. Das bedeutet, dass wir ein sehr lichtstarkes Objektiv benötigen, um genügend Licht auf unseren Sensor zu bannen. Eine Offenblende von mindestens 2,8 wäre optimal. Das Problem bei kleineren Blenden ist, dass du nicht genügend Licht einfangen kannst und deswegen die ISO erhöhen musst – die Bildqualität leidet.
- Für Sternenhimmel-Aufnahmen eignet sich besonders ein Weitwinkelobjektiv. So kannst du noch mehr vom Sternenhimmel einfangen und bekommst gleichzeitig noch etwas Vordergrund ins Bild. Besonders gut eignen sich zum Beispiel das Samyang 12 mm F2.0* für APS-C Sensoren oder das Samyang 14 mm F2.8* für Kleinbild-Sensoren.
- Intervallometer oder Kamerafunktion: Um im gleichen Intervall über einen längeren Zeitraum Fotos machen zu können benötigen wir ein Intervallometer*. Bei Sony gibt es zum Beispiel im Kamera-App-Store die App „Zeitraffer“, die die Funktion eines Intervallometers übernimmt – sehr praktisch! Es gibt auch Kameras, die über eine eingebaute Interfallfunktion verfügen zB. die Canon 6D Mk II*
II. Aufnahme vorbereiten und Kameraeinstellungen
1. Geeignete Örtlichkeit und passendes Wetter
An dem Ort deiner Wahl sollte möglichst wenig Lichtverschmutzung vorhanden sein. Lichtverschmutzung geht von größeren Städten aus. Die Straßenbeleuchtung und Fahrzeuge sorgen dafür, dass eure Aufnahmen vom Sternenhimmel heller erscheinen und die Sterne nicht richtig zur Geltung kommen. Auf dieser Karte siehst du die Lichtverschmutzung in Europa: Light pollution map
Such dir einen Ort in der Natur, einige Kilometer von der nächsten Stadt entfernt.
Außerdem solltest du dir einen Tag mit möglichst klarem Himmel aussuchen, damit du die Sterne besser siehst. Die besten Sternenaufnahmen entstehen außerdem bei Neumond, da hier die Nächte am dunkelsten sind und die Sterne besonders gut zum Vorschein kommen.
2. Achte auf einen ansprechenden Vordergrund
Eine Aufnahme alleine vom Sternenhimmel kann höchstens deinem ehemaligen Physiklehrer begeistern! Achte darauf, auch im Vordergrund interessante Details zu bieten. Imposante Bäume, Bauwerke oder Türme eignen sich besonders, wenn sie in den Himmel ragen und die Sterne an ihnen vorbeiziehen.
In meinem Zeitraffer wollte ich den alten Fernsehturm als Vordergrund haben. Einige Zeit vorher habe ich den Turm bereits im Sonnenuntergang fotografiert und bin so auf die Idee mit dem Zeitraffer gekommen.
3. Nimm das Zentrum der Milchstraße oder den Polarstern mit ins Bild
Über Apps wie Sunsurveyer kannst du herausfinden, wo sich das Zentrum der Milchstraße befindet – der schönste Teil des Sternenhimmels. Problem: Das Zentrum der Milchstraße ist im Winter gar nicht sichtbar.
Wenn du die Aufnahmen später zu einem Startrail-Bild zusammenfügen willst, kann es auch gut aussehen, wenn du den Polarstern mit ins Bild nimmst. Der Polarstern ist der nördlichste Stern, um den sich (optisch) alle anderen Sterne drehen. Durch die App Sunsurveyer kannst du ihn dir ebenfalls anzeigen lassen.
Damit die Sterne gut sichtbar sind, ist ein Tag mit völlig klarem Himmel am besten. Die besten Aufnahmen der Milchstraße wirst du außerdem bei Neumond festhalten können, da der Mond dann keine Lichtverschmutzung produziert.
In meinem Video war es leider von der Örtlichkeit nicht möglich, das Zentrum der Milchstraße oder den Polarstern mit ins Bild zu bekommen. Schau vor deiner Aufnahme aber auf jeden Fall nach, welche Bereich des Himmels am interessantesten ist.
4. Kameraeinstellungen
Schalte die Kamera auf den manuellen Modus, damit sich die Einstellungen nicht automatisch verstellen. In der Nacht haben wir den Vorteil, dass sich das Licht nicht von Minute zu Minute verändern kann und wir die Einstellungen über den ganzen Zeitraum beibehalten können.
Belichtungszeit: Damit die Sterne in jedem Bild als Punkte und nicht als Striche erscheinen, darf die Belichtungszeit nicht zu lange sein. Bei Ultra-Weitwinkel-Objektiven können bis zu 25 Sekunden belichtet werden. Je länger die Brennweite, desto kürzer muss die Belichtungszeit sein.
Pixolum empfiehlt hier die Faustformel von 300/Brennweite für APS-C-Sensoren und die Formel 500/Brennweite für Kleinbildsensoren. Bei meinem 12mm APS-C Objektiv wären somit 300/12 mm – 25 Sekunden möglich. Bei der Belichtungszeit solltest du aber beachten, dass diese maßgeblich für die Schnelligkeit deines Zeitraffers verantwortlich ist. Wenn du das einzelne Bild 25 Sekunden belichtest mit einem Intervall von 1 Sekunde, benötigst du schon fast 3 Stunden für einen Zeitraffer von 13 Sekunden länge.
Nimm die größtmögliche Blende deines Objektives, um mehr Licht einzufangen und den ISO in Grenzen zu halten. Ich habe mit Blende 2.0 fotografiert.
ISO sollte immer möglichst niedrig sein. Je nachdem wie lichtstark dein Objektiv ist, solltest du einen Wert zwischen 1600 – 3200 anpeilen.
Das Aufnahmeintervall beschreibt die Zeit zwischen den einzelnen Fotos. Das Intervall solltest du sehr niedrig halten, da die Zeit schon durch die lange Belichtungszeit gerafft wird. Außerdem ist es wichtig, falls ihr später die Aufnahmen zu einem Startrail-Bild zusammenfügen wollt – bei längeren Pausen hätten eure Stern-Streifen Lücken.
5. Das kann deine Aufnahme ruinieren: Der falsche Fokus!
Stell den Fokus auf manuell und fokussiere auf den hellsten Stern am Himmel. Mach mehrere Testaufnahmen und Zoom mit der Lupe ins Bild, um den Fokus zu überprüfen. Manchmal brauchst du mehrere Testbilder und musst ein bisschen herumprobieren. Erst wenn der Fokus perfekt sitzt, kannst du die Aufnahme starten.
Wenn der Fokus eingestellt ist – Finger weg vom Fokussierring, vom Zoomring und dem Blendenrad! Dadurch könnte sich der Fokus ungewollt wieder verlieren.
Die Zahl der Aufnahmen hängt davon ab, wie lange dein Timelapse werden soll. Das Video wird später mit 30 Bildern / Sekunde abgespielt, du benötigst also für 10 Sekunden Videomaterial 300 Bilder.
Wenn du die Aufnahme später in LR-Timelapse bearbeiten möchtest, kannst du mit der kostenlosen Version nur höchstens 400 Bilder bearbeiten – also etwa 13 Sekunden Video. Wenn du einen längeren Zeitraffer erstellen möchtest funktioniert es mit dem Programm nicht – es sei denn du holst dir die Kaufversion.
Bei meinem Zeitraffer hatte ich eine Belichtungszeit von 13 Sekunden und ein Intervall von 3 Sekunden. 400 Bilder haben etwa 1 Stunde und 45 Minuten gedauert.
III. Nachbearbeitung in LR Timelapse
LR Timelapse ist ein professionelles Programm, das zur Bearbeitung von Zeitrafferaufnahmen von Gunther Wegner entwickelt wurde.
In diesem Programm kannst du dir aus deinen Zeitraffer-Bildern beliebige viele auswählen (sog. „Keyframes“) und diese nach Belieben in Lightroom bearbeiten. Das Programm berechnet nun einen fließenden Übergang von Keyframe zu Keyframe. Außerdem kann es kurzfristige Helligkeitsunterschiede ausgleichen („deflicker“) und das Video rendern.
Ich werde in diesem Artikel nicht das Programm erklären. Gunther Wegner hat mehrere, sehr gute Erklärvideos veröffentlicht, in denen er Schritt für Schritt die Entwicklung zeigt.
Hier kannst du die Software downloaden. Die kostenlose Version reicht zum Ausprobieren für 400 Bilder wunderbar aus. Die Vollversion kostet für private Zwecke ca. 120 Euro, für gewerbliche Zwecke ca. 300 Euro.
Wie ich meinen Zeitraffer bearbeitet habe
Wie im oben Video zu sehen habe ich das erste Bild sehr stark rötlich bearbeitet, das letzte Bild dagegen sehr bläulich.
Den Farbwechsel habe ich mit vier „Keyframes“ in Lightroom entwickelt. Auf das erste Bild habe ich meine Lightroom Vorgabe „Blutrot“ angewandt und den Weißabgleich etwas höher eingestellt. Die Vorgabe „Blutrot“ verstärkt die Rottöne sehr stark.
Im letzten Bild habe ich die Vorgabe „Alpentönung“ angewandt – um die Blautöne zu verstärken – und den Weißabgleich deutlich kühler gewählt.
Hier kommst du zum Artikel über meine Lightroom Vorgaben.
Damit mehr Bewegung ins Video kommt, wollte ich einen Zoom-Effekt ins Bild bringen. Dieser Zoom-Effekt – auch „Ken Burns effect“ genannt – ist kinderleicht in LR Timelapse zu erstellen. Du musst dafür nur im ersten Keyframe einen anderen Bildausschnitt wie im letzten Keyframe wählen und das Programm berechnet einen fließenden Übergang. Das Seitenverhältnis darf sich natürlich nicht verändern.
Ich wollte das Video im Hochformat haben, da mittlerweile der Großteil mit dem Smartphone im Web surft. LR Timelapse kann jedoch nur Videos im Querformat ausgeben. Nachdem das Video gerendert wurde, habe ich es in Photoshop geöffnet und dort um 90 Grad gedreht. In Photoshop habe ich dann noch Musik eingefügt (kostenlose von der Youtube Audio-Bibliothek) und eine Beschreibung.
Unterhalb siehst du die vier Bilder (Keyframes) die ich in Lightroom bearbeitet habe. Alle anderen Anpassungen der anderen Bilder wurden ausgehend von ihnen berechnet.
Hast du dich schon mal an einen Zeitraffer gewagt?
Ich selbst liebe Zeitraffer, erstellen tu ich sie aber nur ganz selten. Meistens dauert mir die Aufnahmezeit einfach zu lange und ich halte mich nicht so lange an einem Ort auf.
Für den obigen Zeitraffer bin ich mit dem Auto auf einen entfernten Berg gefahren und habe dort meine Kamera in Position gebracht und sie leicht versteckt.
Da ich mir sicher war, dass sich zu dieser Zeit dort keine Menschenseele verirrt, bin ich im Anschluss wieder nachhause gefahren. Nachdem die Aufnahmezeit vorüber war, habe ich meine Kamera wieder abgeholt. Für belebtere Orte wäre mir das Vorgehen aber zu riskant! 😀
Ich hoffe ich konnte dir eine Idee für dein nächstes Fotoprojekt geben. Wenn du an weiteren kreativen FOtoideen interessiert bist, schau doch mal zur Sammlung meiner Fotoideen.
Poste gerne einen Link zu deinem Zeitraffer in die Kommentare!
Liebe Grüße und bis zum nächsten Artikel!